Rein äußerlich sehen sie sich ähnlich: Kühlschrank und Reifeschrank bestehen zunächst einmal aus einem Schrank, in dem man Lebensmittel kühl lagern kann. Für die Kühlung sorgt dabei in der Regel eine Technik, die von Carl von Linde entwickelt und vor knapp 150 Jahren zum Patent angemeldet wurde. Vereinfacht gesagt sorgt diese Technik dafür, dass Kühlmittel, dass sich in einem Rohrsystem in Inneren des Kühlschranks befindet, verdampft. Die dazu notwendige Wärme wird dem Innenraum und den darin lagernden Lebensmitteln entnommen. Dadurch wird es im Inneren des Kühlschranks kälter. Das verdampfte Kühlmittel wird auf die äußere Rückseite des Kühlschranks transportiert. Dort wird es durch einen Kompressor mit Druck wieder verflüssigt. Die freiwerdende Energie in Form von Wärme wird nach außen abgegeben.
Doch wenn man die inneren Werte betrachtet, dann unterscheiden sich Kühlschrank und Reifeschrank trotz ähnlicher Technik doch erheblich. Was ist also der Unterschied zwischen Kühlschrank und Reifeschrank?
Unterschied 1: Die Temperatur
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Kühlschrank und Reifeschrank ist die Temperatur im Inneren. Die optimale Temperatur beim Kühlschrank ist nach Empfehlung des BMWi (Bundeswirtschaftministerium für Wirtschaft und Energie) erreicht, wenn das Thermometer im mittleren Bereich 7°C misst. Dann hat der Kühlschrank in allen Temperaturzonen die optimale Temperatur, d.h. im obersten Fach sind Temperaturen von ca. 7-10°C, im untersten Fach direkt über der Glasplatte von ca. 4°C und im Gemüsefach ca. 10-13°C. Die Lebensmittel werden in diesen Bereichen optimal gekühlt, sofern sie richtig in die Kühlzonen einsortiert sind. Rohes Fleisch, das ohne Vakuum in der untersten, kühlsten Zone gelagert wird ist so zwischen einem Tag (Geflügel und Innereien) und vier Tagen (Bratenstücke, Steaks, Schnitzel u.ä.) haltbar.
Bereits an der relativ kurzen Haltbarkeit ist zu erkennen, dass die Temperaturen in einem Kühlschrank viel zu hoch sind für das Dry Aging von Fleisch (Ausnahme: Das Reifen in speziellen Reifebeutel für Dry Aged Beef). Während der nötigen Reifezeit von drei bis vier Wochen würde das Fleisch in einem normalen Kühlschrank schlicht und ergreifend schimmeln und schlecht werden.
Damit das Fleisch während der Dauer der Trockenreifung nicht verdirbt, müssen im Inneren des Dry-Aged-Reifeschranks niedrigere Temperaturen herrschen, die sich knapp über dem Nullpunkt bewegen. Die optimale Temperatur für das Reifen von Fleisch nach dem Dry-Age-Verfahren liegt bei ca. 2°C. Nur bei dieser Temperatur ist gewährleistet, dass die Reifungsprozesse im Fleisch ablaufen können, ohne dass das Fleisch selbst verdirbt. Die Temperatur muss außerdem im gesamten Reifeschrank konstant sein. Verschiedene Temperaturzonen, wie sie bei einem Kühlschrank vorhanden und gewünscht sind, sind bei einem Reifeschrank daher nicht vorhanden.
Ein Reifeschrank benötigt daher ein effizientes, kraftvolles Kühlaggregat, das die benötigten niedrigen Temperaturen konstant liefern kann. damit die Temperatur überall im Reifeschrank gleich ist, muss die kalte Luft außerdem gleichmäßig im Innenraum verteilt werden. Dazu sind in den meisten Dry-Age-Schränken ein oder mehrere Ventilatoren eingebaut, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit gleichmäßig verteilen.
Unterschied 2: Die Luftfeuchtigkeit
Die relative Luftfeuchtigkeit in einem normalen Kühlschrank liegt bei etwa 50-55%. Liegt sie höher, besteht die Gefahr, dass die Lebensmittel im Schrank schimmeln und verfaulen, liegt sie darunter, können empfindliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Käse und Fleisch welk werden oder austrocknen.
In einem Reifeschrank für Fleisch ist aber eine relative Luftfeuchtigkeit von 50-55% viel zu niedrig. Bei einer so geringen Luftfeuchtigkeit trocknet die Oberfläche des Fleisches rasch ab, das Fleisch bildet einen sogenannten „Trockenrand“, die Oberfläche wird praktisch versiegelt, im wahrsten Sinne des Wortes „macht das Fleisch zu“. Die Folge: Das Fleisch kann nicht mehr mit dem Sauerstoff in der Luft reagieren, wichtige Reifeprozesse wie die Oxidation des Fettes im Fleisch kommen innerhalb kürzester Zeit zum erliegen. Gleichzeitig kann keine Feuchtigkeit mehr aus dem Fleisch in die Luft abgegeben werden. Das Fleisch bleibt im Inneren zu feucht, was unerwünschte Prozesse im Inneren begünstigt. Das Fleisch verdirbt innerhalb kurzer Zeit von Innen her.
In einem Fleischreifeschrank benötigt man daher eine deutlich höhere Luftfeuchtigkeit. Diese liegt optimal bei etwa 80%. Nur bei dieser hohen Luftfeuchtigkeit trocknet das Fleisch außen nicht aus, das Fleisch bekommt ausreichend Sauerstoff und es kann genug Feuchtigkeit aus dem Fleisch austreten, so dass sich Geschmack und Aroma im Fleisch konzentrieren kann.
Um die Luftfeuchtigkeit von ca. 80% zu erreichen benötigt der Reifeschrank deswegen eine extra Anlage, die die Luftfeuchtigkeit konstant hoch hält. Diese muss mit Wasser „gefüttert“ werden, um die nötige Feuchtigkeit zu liefern. Viele Dry-Age-Reifeschränke, vor allem im Hobby-Bereich und im unteren Preissegment im gewerblichen Bereich, verfügen dazu über einen eingebauten Wassertank, der regelmäßig nachgefüllt werden muss. Höherpreisige Modelle aus dem gewerblichen Bereich verfügen auch über einen Wasseranschluss, mit dem das Gerät an einen Leitungswasserhahn angeschlossen werden kann.



