Dry Aging ist der neueste Trend in Sachen Fleischgenuss. Seit einigen Jahren bereits erobert das Dry Aging, also das Trockenreifen von Fleisch, zuerst die Gourmetlokale und Edelmetzgereien. Mittlerweile findet das veredelte und geschmacklich höchst intensive Fleisch aber auch den Weg in immer mehr deutsche Haushalte, in denen Wert auf Top-Fleischqualität und unnachahmlichen Geschmack gelegt wird. Das lassen sich die Genießer dann auch gerne etwas mehr kosten.
Dry Aged Beef, also trockengereiftes Rindfleisch ist ein Hochgenuss, den sich kein Fleischliebhaber entgehen lassen sollte. Das Fleisch schmeckt intensiv und würzig, manche beschreiben den Geschmack auch als nussig oder gar rauchig.
Dabei ist Dry Aging gar nichts neues!
Abhängen im kühlen Keller
Beim Dry Aging handelt es sich nämlich um eines der ältesten Reifungs- und Konservierungsverfahren für Fleisch der Menschheit.
Bereits vor hunderten von Jahren ließen die Metzger ihr Fleisch in kühlen Kellern und später in speziellen Kühlräumen an der Luft trocknen und reifen. Dieses Verfahren wurde bei den Metzger früher ganz einfach „Abhängen“ genannt.
Dabei beschreibt das „Abhängen“ so ziemlich genau das, was man mit dem Fleisch tat: Man ließ Rinderhälften oder Rinderviertel bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt an starken, eisernen Haken von der Decke hängen, bis das Fleisch zart und mürbe und damit verzehrfähig war.
Dieser Vorgang dauerte mehrere Wochen. Dabei wurde das Fleisch vom erfahrenen Metzgermeister immer wieder kontrolliert und begutachtet, denn stets bestand die Gefahr, dass das wertvolle Fleisch verdarb und der Metzger es nicht mehr verkaufen konnte und somit einen nicht unerheblichen finanziellen Verlust machte. Problematisch dabei waren vor allem die nötigen konstant niedrigen Temperaturen. Diese konnte man natürlich in früheren Zeit vor der Erfindung von künstlichen Kühlmöglichkeiten nicht so ohne weiteres schaffen. Daher lagerten die Fleischer ihr Fleisch früher in tiefen Felsenkellern, in denen auch im Sommer Temperaturen herrschten, die kühl genug waren
Vom Dry Aging zum Wet Aging
Diese Praxis des Abhängens und Reifes von Fleisch übten Generationen von Metzgern aus. Sie wurde erst in den 1960er und 1970er Jahren mit dem Aufkommen der Vakuumtechnik abgelöst. Die Großindustrie und nach ihr auch die kleineren Metzger stiegen allmählich vom Abhängen des Fleisches, dem Dry Aging, auf das sogenannte „Wet Aging“, der Fleischreifung im Vakuum, um.
Die Nassreifung bot einige Vorteile: Während das Fleisch bei der Trockenreifung bis zu 30% an Feuchtigkeit und damit Gewicht verlor, war der Gewichtsverlust beim Nassreifen mit 5 bis 6% geradezu vernachlässigbar. Das bedeutete natürlich ein höheres Endgewicht an verkaufsfähigem Fleisch und damit auch mehr Umsatz und Gewinn. Da die Nassreifung außerdem noch deutlich schneller vonstatten geht als die Trockenreifung konnte das Fleisch auch nach der Schlachtung schneller wieder verkauft werden. Dadurch hing weniger „Kapital“ im Reiferaum ohne Umsatz zu bringen und das Fleisch konnte schneller umgesetzt werden, was wiederum die Kassen der Metzger klingeln ließ. Außerdem reduzierte sich die Gefahr des Verderbs durch Mikroorganismen, da das Fleisch ja unter Luftabschluss gelagert wurde und den Mikroorganismen damit der zum Leben nötige Sauerstoff fehlte. Schließlich ließ sich vakuumiertes Fleisch auch noch leichter und hygienischer lagern und transportieren.
Die neue Technik des Wet Agings hat sich aufgrund seiner Vorteile für den Fleischer schnell durchgesetzt: Über 90% des Fleisches im Lebensmittelhandel ist heutzutage nassgereift.
Eine Frage des Geschmacks
Die Art der Reifung beeinflusst natürlich den Geschmack des Fleisches.
Beim Wet Aging werden die ausgelösten Teilstücke in Plastikbeutel vakuumiert und luftdicht verschweißt. Austretende Flüssigkeit kann nicht verdunsten und bleibt im Beutel. Das begünstigt die Bildung und Vermehrung von Milchsäurebakterien, die den Fleischgeschmack beeinflussen. Sie sorgen für den typischen, leicht metallisch-säuerlichen Geschmack von Fleisch, das im Vakuum gereift wird. Der Einfluss der Milchsäurebakterien ist besonders gut wahrzunehmen, wenn man einen Vakuumbeutel mit Fleisch öffnet. Er strömt einem als typischer „Vakuumgeruch“ entgegen.
Bei der Trockenreifung kann das Fleisch „atmen“ und es findet ein permanenter Austausch mit der Umgebungsluft statt. Dadurch wird das Zusammenspiel von sogenannten guten Bakterien und Enzymen begünstigt. Das Fleisch bildet eine trockene und ungenießbare Kruste, unter der jedoch die Enzyme und Mikroben im Muskelfleisch rund um die Uhr arbeiten. Dadurch entsteht der typische intensiv-würzige Geschmack des Dry-Aged-Beef, der von vielen Fleischgenießern oft als nussig oder sogar rauchig beschrieben wird.


