Rechnet sich ein Dry Aged Reifeschrank?

Viele Gastronomen und Fleischer interessieren sich heutzutage für das Thema Dry Aging in ihrem Betrieb. Dabei schrecken sie jedoch oftmals vor der Investition in einen Dry Aged Reifeschrank zurück, denn immerhin bedeutet dies im Normalfall Investitionskosten von mehreren Tausend Euro. Angesichts dieser Kosten fragen sie sich daher, ob sich die Anschaffung eines solchen Fleischreifeschranks für ihren Betrieb lohnt oder ob sie sich nur einen sehr teuren Staubfänger ins Haus holen, der sich nicht amortisieren lässt.

Dazu sei gleich vorweg gesagt: Mit einer sauberen Kalkulation, aber auch mit der richtigen Präsentation und einem gut geschulten Personal, das das Dry Aged Fleisch auch gut verkaufen kann und seine Vorteile hervorhebt und anpreist, lohnt sich die Anschaffung eines Dry Aged Reifeschranks fast immer. Vorausgesetzt, man hat einen entsprechenden Gäste- oder Kundenstamm, der dafür bereit ist, für qualitativ hochwertiges Fleisch mit einem Hauch von Exklusivität auch den entsprechend höheren Preis zu zahlen.

Dazu hier zwei Beispielrechnungen zur Kalkulation:

Beispielrechnung 1: Vergleich Umsatz Dry Aging vs. Wet Aging (Vakuum Reifung)

Rechenbeispiel: 20 kg Roastbeef zum EK-Preis 9 € / kg = 180 €

Dry Aging Vakuum-Reifung
Gewichtsverlust (Ohne Abschnitte) 15 % 0 %
Verkaufsmasse 17 kg 20 kg
Verkaufspreis pro kg 45 € 27 €
Umsatz 765 € 540 €

Quelle: Informationsbroschüre von Nordcap zum Thema Dry Aging (PDF)

Beispielrechnung 2: Einrechnung der Abschnitte bei der Kalkulation

Die obige Kalkulation berechnet einen wichtigen Faktor bei der Berechnung des Preises von Dry Aged Fleisch nicht mit ein: Das trockengereifte Fleisch muss noch zugeschnitten werden, denn der äußere Trockenrand eignet sich nicht als Teil vom Steak: Er ist trocken und unansehnlich und auch geschmacklich so intensiv, dass er selbst bei Fleischkennern nicht nur Freunde findet. Um ein schönes Fleischstück zu bekommen, das den Gast oder Kunden anspricht, muss es daher zunächst pariert und der Trockenrand abgeschnitten werden. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Kosten- bzw. Kalkulationsfaktor, denn immerhin geht es hier – abhängig von der Fleischsorte und der Reifedauer – um eine Dicke von bis zu 1 cm, den der Trockenrand ausmacht.

Bei der Kalkulation ist es also wichtig, sowohl den Trocknungs- als auch den Abschnittverlust bei der Fleischreifung mit einzukalkulieren:

Kalkulationsgrundlage: 100 kg Roastbeef kosten im Einkauf je zehn Euro, macht 1.000 Euro Einkaufssumme.

Arbeitsschritt Gewicht des Fleisches Kalkulierter Preis pro kg
Einkauf 100 kg €10
Trockenreifung über vier Wochen 78 kg (22% Reife- und Trockenverlust)* € 12,99
Parieren und Ladenfertiger Zuschnitt 64 kg (36% Verlust durch Reifung und Zuschnitt)* € 15,63
Kalkulierter Verkaufspreis (Wareneinkauf x mindestens 2, zuzüglich 7% MwSt.) € 33,45

* Der prozentuale Verlust wurde jeweils vom Ausgangsprodukt, also dem Gewicht des Fleisches im EK, berechnet)

Quelle: Fleischwirtschaft.de

Präsentation und Verkauf als Umsatzbringer

Wichtig für den Erfolg und damit für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Dry Aged Reifeschrank rechnet, ist neben der richtigen Kalkulation auch die richtige Präsentation und der richtige Verkauf des Produkts. Denn nur, wenn diese beiden Faktoren stimmen, sind die Gäste oder Kunden auch bereit, den deutlich höheren Preis für Dry Aged Fleisch zu bezahlen. Präsentation und Verkauf müssen den Käufer davon überzeugen, dass das Fleisch jeden Cent wert ist, dass er etwas ganz Besonderes und Gutes kauft. Das Fleisch muss dem Gast oder Kunden im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft gemacht werden.

Präsentation: Sauberkeit und Hygiene ist das A und O

Eine ansprechende Päsentation des Dry Aged Fleisches ist der erste Schritt zum Verkaufserfolg. Sie ist der erste Eindruck, den der Kunde oder Gast gewinnt, und den kann man bekanntlich nicht mehr rückgängig machen. Wer hier Fehler macht, der hat es schwer, den Kunden im weiteren Verlauf vom Kauf zu überzeugen.

Bei der Präsentation des Dry Aged Fleisches für den Verkauf ist peinlichste Sauberkeit und Hygiene das A und O. Egal, ob in der Fleischtheke der Fleischerei, im Dry Aged Schrank mit verglaster Front oder bei der Präsentation am Tisch des Restaurants: Das Fleisch muss appetitlich aussehen und hygienisch einwandfrei sein. Fleischtheke, Reifeschrank oder Servierwagen müssen peinlichst sauber sein. Es darf kein Schimmelfleck, kein Staubkorn und kein Fingerabdruck zu sehen sein. Nur, wenn der Kunde oder Gast vertrauen darin hat, dass das Fleisch unter allerbesten hygienischen Bedingungen gereift und gelagert wird, wird er bereit sein, es zu kaufen.

Gerade in Restaurants, aber auch im Verkaufsraum der Fleischerei haben sich Reifeschränke mit Glastür bewährt. Sie bilden einen nicht zu übersehenden Blickfang und ziehen die Blicke des Gastes automatisch auf sich. Wenn das Fleisch hier sauber und appetitlich gereift und gelagert ist und dazu noch buchstäblich ins rechte Licht gerückt wird, dann strahlt ein solcher Reifeschrank und sein Inhalt schon ganz alleine eine Exklusivität aus, die man nicht überall bekommt. Der Fleischkenner erkennt hier sofort: Hier ist etwas ganz Besonderes!

Wenn das Interesse des Gastes oder des Kunden dann schon einmal geweckt ist (und das Service- oder Verkaufspersonal dieses auch erkennt), dann ist dies ein idealer Anknüpfungspunkt für ein Verkaufsgespräch, das im Idealfall mit einem Verkauf endet.

Verkauf: Nur geschulte Verkäufer bringen Geld

Beim Verkauf von Dry Aged Fleisch, egal ob vom Servicepersonal im Restaurant oder vom Verkaufspersonal hinter der Fleischtheke, ist es wichtig, dass das Personal geschult ist. Es muss wissen, was das Dry Aging ist, warum das Fleisch trocken gereift wird und was während der Trockenreifung passiert und dies alles auch dem Gast oder Kunden erklären und kommunizieren können. Nicht zuletzt muss das Personal auch erklären können, was den deutlich höheren Preis von Dry Aged Fleisch im Vergleich zu normal gereiftem Fleisch rechtfertigt.

Damit das Verkaufsgespräch den erwünschten Erfolg zeigt, muss das Personal daher entsprechend geschult werden. Theorie und Praxis müssen dabei Hand in Hand gehen. Es hat sich bei Schulungen bewährt, das in der Theorie vermittelte Wissen über das Dry Aged Beef anschließend in simulierten Verkaufsgesprächen gleich anzuwenden und zu üben. Das Personal führt dabei in Rollenspielen fiktive Verkaufsgespräche mit einem Gast oder Kunden, der von einem Kollegen gespielt wird. Anschließend werden die Rollen getauscht: Ehemalige Verkäufer spielen jetzt Gast oder Kunde und umgekehrt. So kann jeder die Position des anderen nachvollziehen und sich später in richtigen Verkaufssituationen entsprechend verhalten. Ein ehrliches Feedback darüber, was bei den Verkaufstrainings gut gelaufen ist, aber auch darüber, was weniger gut gelaufen ist, ist natürlich selbstverständlich. Nur mit einer ehrlichen Rückmeldung kann das Personal seine Stärken ausbauen und seine Schwächen abbauen, was am Ende allen – Chef wie Personal – zugute kommt.

Es schadet übrigens nicht, mit dem Service- und Verkaufspersonal eine Verkostung des Dry Aged Fleisches durchzuführen. So lernen sie – praktisch mit dem eigenen Gaumen – das Produkt, das sie anbieten sollen, richtig kennen und können es anschließend entsprechend anbieten und verkaufen. Denn nur, wer das Produkt kennt und von ihm absolut überzeugt ist, kann dieses auch überzeugend verkaufen.